Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt ihrer Bestimmung übergeben

Veröffentlicht am 29.05.2013 in Allgemein

In Neustadt an der Haardt richteten die Nationalsozialisten im März 1933, wenige Tage nach der Machtübernahme und der Verabschiedung der Ermächtigungsgesetze mit Aufhebung aller demokratischen Grundrechte, in der ehemaligen Turenne-Kaserne (heute le Quartier Hornbach) ein Schutzhaft- und Arbeitslager ein. Das Lager zählt heute zu den "frühen" Konzentrationslagern und ist die einzige erhaltene Einrichtung dieser Art in der Pfalz. Annähernd 500 Männer aus über 80 Gemeinden aus der Pfalz, darunter auch 20 Personen aus Mutterstadt, wurden hier von den Nazis gefangen gehalten.

Im Gedenken an diese Menschen, die auf Grund ihrer politischen oder weltanschaulichen Überzeugung inhaftiert und misshandelt wurden, hat der Förderverein "Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt" in dem ehemaligen Kasernengefängnis eine Gedenkstätte eingerichtet. Diese soll künftig der Öffentlichkeit, insbesondere Schulklassen, als Geschichtswerkstatt offen stehen.

Möglich gemacht wurde die teilweise Erhaltung der baulichen Substanz des Gebäudes durch die großzügige finanzielle und organisatorische Unterstützung der Firma Hornbach als jetzigem Eigentümer des Kasernen-Grundstücks, durch Fördermittel des Landes Rheinland-Pfalz und der Stadt Neustadt sowie mit Zuschüssen, Spenden und Beiträgen von Kommunen, Privatpersonen und Organisationen sowie der ehrenamtlichen Arbeit vieler engagierter Personen, insbesondere auch aus dem kirchlichen Bereich.
Jetzt im März 2013, 80 Jahre nach dem Beginn der Nazi-Diktatur mit all ihren grauenvollen Ereignissen, wurde die Gedenkstätte ihrer Bestimmung übergeben und der Öffentlichkeit vorgestellt. In ihren Grußworten erinnerten die Redner der Feierstunde, Werner Schineller, ehemaliger Oberbürgermeister von Speyer als Kuratoriumsvorsitzender, Hans Georg Löffler, Oberbürgermeister von Neustadt, Albrecht Hornbach, Vorstandsvorsitzender der Hornbach AG, Eberhard Dittus, der Vorsitzende und Initiator der Einrichtung sowie der rheinland-pfälzische Justizminister Jochen Hartloff, an die gemeinsame Aufgabe, sich der Geschichte zu erinnern, zu gedenken und daraus zu lernen, für Demokratie und Menschenrechte jederzeit und überall dafür einzutreten. An der Feierstunde nahmen auch einige Angehörige Mutterstadter Lagerinsassen und ein Vertreter der Gemeindeverwaltung Mutterstadt teil.

Auf Grund der noch vorhandenen Insassen-Listen und nach Recherchen im Gemeindearchiv waren es folgende 19 Mutterstadter Männer, die im März 1933 ohne Rechtsgrundlage verhaftet und in das Gefängnis in Neustadt eingesperrt wurden:
Heinrich Gräf, Karl Heim, Johann Kern, Johann Kleber, Joseph Köhler, Otto Lorch, Johann Marnet, Johann Müller, Karl Reimer, Walter Riegel, Karl Röder, Fritz Schalk, Heinrich Schmitt, Wilhelm Schneider, Jakob Weber, Wilhelm Weber, Willi Weber, Otto Wessa und Johann Winter.

Ungeklärt ist immer noch, warum, abgesehen von den Städten Kaiserslautern, Neustadt und Pirmasens, die größte Gruppe der Verhaftungen aus der Gemeinde Mutterstadt kam. Entweder es lag an den politischen Aktivitäten der Männer, alle- samt SPD- und KPD-Mitglieder sowie Gewerkschafter oder auch daran, dass in Mutterstadt schon zu Beginn des Unrechtsregimes besonders aktive NSDAP-Mitglieder und SA-Truppen denunzierten und rigoros gegen Nazi-Kritiker vorgingen.
In der Gedenkstätte werden auch schriftliche Unterlagen über die Inhaftierten gesammelt und aufbewahrt. Die Gemeinde Mutterstadt unterstützt die Arbeit des Fördervereins, stellte Archivmaterial zur Verfügung und ist an weiteren Unterlagen und Aufzeichnungen, die Angehörige evtl. noch besitzen, interessiert.

Angehörige können sich im Gemeindearchiv im Rathaus (Tel. 06234/94640) oder beim Förderverein (Tel. 06321/398934, Herr Dittus) melden.

 

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